Meine Winterreise 2010/11 Teil 2

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Werner01

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Meine Winterreise 2010/11 Teil 2

von Werner01 am 05.02.2011 16:05

Donnerstag 24.12.2010

Man scheint geteilter Meinung darüber zu sein, wie man den Tag verbringen möchte. So ist zumindest mein Eindruck als ich mich zu den anderen an den Tisch setze. Es ist für mein Gefühl ausgesprochen mild, 16 Grad zeigt das Thermometer.
Die Sonne beginnt sich etwas hinter hochnebelartiger Bewölkung zu verstecken. Während die Unterhaltung über die Gestaltung des Tagesablaufes fortschreitet, trinke ich genüsslich meinen Kaffee und lausche dem Gespräch. Mir ist auch letztendlich egal was wir heute machen. Angeln oder Einkaufen oder Sightseeing, mir würde es auch reichen einfach nur den ganzen Tag hier zu sitzen und das Ambiente in mir aufzusaugen und mich einfach nur wohl zu fühlen. Ich finde es total faszinierend hier zu sitzen und einfach nur zu beobachten, was um mich herum geschieht. Es ist ja Heiligabend, und die Kidds die von Haus zu Haus ziehen und ihre Kalanta zum besten geben ziehen mich ebenso in den Bann wie die für mich typisch griechische Architektur um mich herum. Hier gibt es noch zahlreiche Häuser wie ich sie in meinen Kindertagen sehr oft sah und auch kannte, quadratische eingeschossige Bauten, in weiss gekälkt, mit Pyramidenförmigen Dächern aus rötlich braun schimmerden Tonziegeln und einem Kamin an der Seite, aus dem der Rauch quillt, und Holzfensterläden in türkis oder blau. Dazwischen immer mal wieder Skelette aus Betonpfeilern, irgendwann mal begonnen, die irgendwann mal das ergeben was mittlerweile auch typisch griechisch für mich geworden ist. Prachtvolle mehrgeschossige Neubauten mit grosszügig ausladenden Balkonen, die mit Balustraden versehen sind die aus etlichen Säulen bestehen und an das können der Baumeister der antiken Tempel und Paläste erinnern. Die obligatorischen Klimaanlagen die das Gesamtbild verschönern übersehe ich nicht, und nach wie vor fasziniert mich auch hier die Kunst der Antennenbauer, hier scheint jede Wohneinheit je eine terrestische TV und Rundfunkantenne zu haben zu den Parabolantennen. Auch scheinen hier unterschiedliche Nationalitäten zu wohnen, anders kann ich mir die unterschiedlichen Ausrichtwinkel der Spiegel kaum erklären. Manch einer scheint sogar TV vom Mars zu empfangen oder wandelte seinen Parabolspiegel vielleicht auch zum Babayplanschbecken. So wie es sich für eine perfekt griechische Szenerie gehört kommen auch hier im zehnminutentakt Mopeds vorbeigerauscht, denen man aus mir noch nie verstandenen Gründen die Schalldämpfer aus dem Auspuff montierte. An der "Krise" kann es nicht liegen, weil das war früher auch schon immer so. Zur Perfektion dieses mich unendlich glücklich machenden Umstandes, einfach nur hier in Griechenland zu sein und Alltagsszenen in mich aufnehmen zu können, die ich in bewusst erlebte Glücksmomente
umsetzen kann gehört aber auch das Geschehen um mich herum. Ich lausche fasziniert der Unterhaltung. Die Ehefrau des anderen Gastes ist Griechin durch und durch, sie spricht mit einer rasenden Geschwindigkeit griechisch in Perfektion, und auch die Mimik und Gestik und Körpersprache ist ebenso perfekt griechisch, dass ich mir kaum vorstellen kann, dass diese Frau lange Zeit in Deutschland lebte. Nur ihr andererseits perfekte akzentfreie Deutsch beweist es. Die "Seniorgastber" sind eh Griechen, auch wenn sie des Deutschen sehr gut mächtig sind, sprechen sie natürlich alle selbstverständlich griechisch. Ebenso wie der "Juniorhausherr", der oftmals in Millisekunden umschaltet von griechisch auf deutsch, aber hier heute nur entsapannt auf griechisch plaudert. Am meisten fasziniert mich aber die "Juniorhausherrin". Sie spricht für mein Verständniss ein ebenso gutes griechisch wie alle anderen auch, aber was mich so fasziniert ist die Selbstverständlichkeit und Gewohnheit mit der sie sich der Sprache, die sie gerade erst erlernt, bemächtigt.Mir kommt es so vor, als sprudelt es vollkommen allein aus ihr heraus, ohne dass sie überlegen muss, wie sie einen Satz zu bilden hat. Dazu dieses oftmalige hin und her, fünf leute sprechen nur griechisch, wir anderen drei verstehen zwar einiges, die anderen beiden antworten oder fragen auf deutsch, und ich nehme diese Szenerie einfach nur in mir auf und erfreue mich meines Lebens. Ich könnte wie gesagt Tag und Nacht einfach nur hier sitzen, aber der Rest der Gesellschaft hat Pläne, und da sich der Himmel nun doch mehr und mehr mit dunkler Bewölkung zu zieht, und zudem jetzt auch starker Westwind aufzieht, entfällt der Angelausflug mit dem Boot, da der Seegang wohl zu stark sein wird, und auch der Strand bei starkem Wind und Wellen nicht so wirklich als Ziel gefällt. Also entschliesst man sich zu einem Ausflug ins malerisch gelegene Städtchen Parga.

LG Werner01©

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Re: Meine Winterreise 2010/11 Teil 2

von Werner01 am 05.02.2011 17:52

Donnerstag 24.12.2010

Ich habe lange überlegt was ich zu Parga schreiben könnte was nicht schon geschrieben steht. Nicht viel. Ausser meine persönlichen Eindrücke. Alles andere wissenswerte findet ihr auf etlichen Links. Ein paar stell ich mal ein.

http://www.epirus.de/parga.htm

http://www.parga-urlaub.de/

http://web752.can01.de/new/parganet.shtml

Es ist auch keineswegs so dass ich zu faul bin das alles noch mal in eigene Worte zu fassen. Es ist vielmehr die Überzeugung, dass man nicht immer wieder aufs neue etwas schreiben muss, das schon geschrieben steht.
Nur persönliche Eindrücke sind halt unterschiedlich. Meine decken sich mit dem was geschrieben steht.
Parga ist für mich eines DER Top Tourie Zentren im Westen Griechenlands, sowohl griechischer wie auch internationaler
Touristen. Aber dieser Ort hatte echt das Glück, sich einen gewissen persönlichen Charme zu erhalten. Meine Erinnerungen an diesen Ort gehen weit, sehr weit in meine Kindheit zurück, und schon damals empfand ich es im Sommer wie bei meinem letzten Besuch vor drei Jahren, als sehr sehr lebhaft jedoch auch sehr schön. Und viele An und Aussichten haben sich tief in meiner Erinnerung eingeprägt.
Leider ist es heute sehr bewölkt und sehr windig, aber es ist ein warmer Wind. Also geniesse ich den Spaziergang hier, trotz des "schlechten" Wetters, in vollen Zügen.

Vielleicht werde ich die restlichen Parga Winterbilder mal in meine Galerie laden. Daher hier nur ein paar Impressionen.Das ist übrigens auch der Grund dafür, dass ich hier mit einem zweiten Teil fortsetze. Mir ist aufgefallen dass die Ladezeit via UTMS oder auch kleineren Netbooks bei vielen Bildern sehr lang ist.

Hier auf diesem Steg stehe ich nun und geniesse geradezu den Augenblick. Es ist wettertechnisch wie manch ein Sommertag an der holländischen oder deutschen Nordseeküste. Der Wind treibt das Meer in hohen Wellen an die Küste, die Wellen brechen am Strand oder an den Kai Mauern, die Gischt erfüllt die Luft um einen herum in ein salzhaltiges Aerosol ,von dessen Qualität manch ein Salinenpark nur träumen kann.



Anderswo singt man nun O Tannenbaum oder Ihr Kinderlein kommet, oder guckt im Fernsehen Wir warten aufs Christkind und wartet auf die "Bescherung". Ich stehe einfach nur hier und empfinde tiefe Zufriedenheit. Wem jetzt beim Lesen langweilig wird und denkt, boaaah, wir wissen doch das es toll für dich war, mach endlich weiter, dem sei gesagt, das es nicht mehr wirklich viel neues zu berichten gibt, und ich immer wieder den Vergleich anstelle zwischen Sommer und Winter, und einfach nur erklären möchte wieso und warum ich mich hier so wohl und glücklich fühlte.
Es ist auch nicht viel was man erklären kann, könnte. Glücklichsein hat was mit Zufriedenheit zu tun. Befriedigung der Sehnsucht nach Glücklichsein. Manch einer braucht dafür äussere Reize, manch einer die Bescherung und den Erhalt einer Eisenbahn oder anderes Gebrauchgutes. Mein tollstes Weihnachtsgeschenk, das ich je bekam, war halt dieser Urlaub hier. Auch wenn die Bilder eher trüb aussehen, es war einfach toll.



Wir gehen nun weiter durch den Ort, die Promenade entlang nach rechts und links, uns allen gefällt es so gut, dass wir beschliessen auch noch die "Hauptgasse" nach oben zur Burg zu nehmen. Im Sommer reihen sich hier Menschenketten
tausender aneinander, und oftmals ging ich weder hinauf noch hinunter, weil es mir hier vorkam als sei ich in der Fankurve einer Heimmannschaft einer Riesen Fussball Arena. Und solche Menschenansamlungen behagen mir auf engem Raume nicht. Nun ist es total anders. Keine Menschenseele, weit und breit, und so haben wir das Gefühl ganz Parga für uns alleine zu haben. Dieses tolle Gefühl wird auch dadurch unterstützt, das sehr viele Cafes und Restaurants geöffnet haben, auch gut die hälfte der Souvenir und Handwerksläden auf dem Weg hinauf zur Burg haben geöffnet, dazu die Wärme die der Wind mit sich bringt, die man hier in den Windstillen Gassen nur als Wärme empfindet. Es ist geradezu so, als würde man durch ein Freiluftmuseum laufen, und wir wären die einzigen Besucher, jedoch die Akteure des Museums trotzdem alle bei der Arbeit. Nur für uns.







Die anderen Bilder werde ich irgendwann mal in meine Galerie laden. Irgendwann.

Wieder unten an der Promenade angekommen setzten wir uns noch in ein Cafe. Draussen zur Meerseite sitzen Leute an Fackel und Kerzen erleuchteten Tischen in der Dämmerung, der Wind hat nachgelassen. Die Aufmachung dieses "Pubs", die Getränkekarte und die Bilder an der Wand lassen vermuten, dass hier wohl eher englischsprachige Leute verkehren, und auch die Bedienung die fast ausschliesslich englisch spricht, dazu mit einem osteuropäischen Akzent, lassen wenig griechisches Feeling aufkommen, ebensowenig wie die simple minds cd die uns beschallt, jedoch fanden wir hier herrlich bequeme Sessel und Couchen, auf die wir uns niederlassen. Und schliesslich sind wir ja auch hier als Touries unterwegs, wenn auch als deutsche Touries. Von daher passt es. Wir verquatschen uns herrlich in Themen wie "Wen lernte ich im Internet kennen und wieso bereue ich es" oder "warum stossen uns manche Zeitgenossen besonders auf" und stellen irgendwann erschrocken fest, das es bereits fast zwanzig Uhr ist. Wir beschliessen zu fahren, uns frisch zu machen und gegen 21.00 in Perdika noch etwas zu Abend zu essen.

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Re: Meine Winterreise 2010/11 Teil 2

von Werner01 am 06.02.2011 19:12

Donnerstag 24.12.2010

Wir gehen in Perdika auf die Platia. Hier oben auf dem Platz haben nicht nur alle Cafes und Restaurants geöffnet, selbst beim Metzger und beim Bäcker herrscht noch reges Treiben, und beim Frisör sitzen auch noch Leute. Ein Umstand der in der Dämmerung eines Sommertages vielleicht nicht so auffällt, aber jetzt in der Dunkelheit sieht man zwangsläufig in die beleuchteten Läden. Auch herrscht hier reges Leben, Kinder auf Fahrrädern sind ebenso unterwegs wie Damen und Herren im feinen Zwirn, am Periptero telefoniert jemand, von überall erklingt Musik, und aus den Tavernen duftet es verführerisch nach gekochtem, gebratenem und gegrilltem. Ganz so wie man es von einem Sommerabend kennt. Der Umstand das Winter ist, zudem Heiligabend, macht den Anblick dieser Szene mal wieder zu etwas Besonderem. Hier ist einfach nur ein Freitagabend. Sylvester feiert man hier eher wie wir den Heiligabend kennen, jedoch auch erst nach Mitternacht. Dann zieht man sich zurück ins Heim im Kreis der Familie, schneidet den Neujahrskuchen an und beschenkt sich. Auch wird man morgen Weihnachten feiern, aber wohl doch eher hauptsächlich als kirchliches Fest. Heute Abend jedoch ist wie gesagt irgendwie nur ein Freitagabend. Man sitzt genau dort wo man im Sommer auch sitzt, draussen vor den Tavernen und Cafes, jedoch sind nun die Kunststoffmarkisen geschlossen und gasbeheizte Terassenstrahler sorgen für die notwendige Wärme der Gäste. Wir entschliessen uns für eine kleine urige Taverne. Einerseits auf Anraten unserer Gastgeber, andererseits ob des Anblickes des Kontosouvlas welches uns durch die Fenster geradezu anlacht. Wie gesagt ist es mächtig voll, und einen ausreichend grossen Tisch an dem wir alle sechs Platz haben finden wir nur im inneren.
Auch hier im Raum sind die Tische bereits gut gefüllt, jedoch nur bis zur Hälfte. In der anderen Hälfte des Raumes hat man Keyboards, Mikrofone und alles erdenkliche Equipment einer Musikkapelle aufgebaut. Man hat heute Abend Live Musik, Klarina. Klar, Klarina, schliesslich sind wir hier im Epirus. Kennt ihr epirotische Musik ? Naja, zugegeben nicht gerade mein Geschmack, die Klarina überwiegt und bestimmt halt diese Lieder, auch ohne Mikrofon und Verstärkern, aber hier wird man sie bestimmt heut Abend durchs ganze Dorf hören, und wir haben das Glück, genau daneben sitzen zu dürfen.

Mal eine Kostprobe

http://www.youtube.com/watch?v=xMB22Ccqyek

Unser Essen kommt, herrlich sage ich nur, das Kontosouvla ist genauso wie ich es liebe, aussen knusprig, Röstaromen en masse und innen saftig, zart, absolut nicht trocken. Dazu gibts mal wieder, seit langer Zeit, Pommes die noch aus frischen Kartoffeln in unregelmässige Streifen geschnitten wurden, ein klasse Tzaziki, Tomatensalat. Meine liebste nahm die Miniaturversion, also ein Souvlaki, sie wolle nicht so viel essen meinte sie. Das schien der Wirt jedoch nicht zur Kenntnis genommen haben. Ich fand die Souvlakia recht gross. Die Kapelle stimmt die Instrumente, der Klarina wird wie ich es befürchtete ein extra Mikro zugeteilt, und extra Boxen, versteht sich, und das erste Lied wird gespielt. Wir geniessen unser Essen, eine Unterhaltung ist jedoch nicht möglich. Das tut der Stimmung jedoch keinen Abbruch. Ich weiss nicht wie es den anderen ging, aber ich genoss diesen Abend in vollen Zügen. Ich kann jedoch heute nicht mehr sagen, ob der Sänger sein Lied je unterbrach, oder die Klarina mal Pause machte, ich hörte es einfach ständig in meinen Ohren, auch am nächsten Morgen beim wachwerden war es noch da, ganz so als ob die Klarina mich verfolgte. Dennoch war es echt fantastisch, Heiligabend, nix da alles schläft, nix da einsam wacht. Vielmehr alles feiert und tanzt. Leider ist es mir nicht gestattet Bilder des Haupttanzaktes einzustellen. Urheber und Persönlichkeitsrechte der Protagonisten stehen dem entgegen. Einen Eindruck darf ich aber hier veröffentlichen. Die Genehmigung aller abgelichteten Personen liegt vor, bis auf die Genehmigung der Dame mit dem entzückenden Rücken rechts unten im Bild, aber die konnte ich nicht fragen.



Irgendwann gelingt es uns jedoch uns aus dem Bann der Musik zu befreien, und ich verstehe zwar kein Wort von dem was die anderen mir sagen, aber ich war mir sicher das Einigkeit darüber herrschte, nun mal die Location zu wechseln.
Und nur mal so zur reinen Info, zum Preisniveau.
Wir zahlten für sechs komplette Essen, alles Fleischgerichte, inkl. Salate, Patates, 6 Flaschen Mythos, 2 Flaschen Malamatina gross, 2 Flaschen Malamatina klein, 3 Sprite und 2 Cola 46.20 Euronen. Also keine 8 Euro pro Nase.
Es war genial.
Wir machen noch einen kurzen Spaziergang über die Platia, der Metzger und der Bäcker haben nun gegen ein uhr morgens geschlossen, aber beim Frisör sitzt immer noch jemand. Nachts beim Frisör, das möchte ich auch unbedingt mal haben. Die Klarina die sich als Tinitus in meinem Gehörgang festsetzte erklingt nun im Stereoformat mit der originalen in der Taverne, die nun gut und gerne hundert Meter von uns weg liegt. Wir beschliessen noch in ein Cafe zu gehen, einen Absacker zu nehmen. Ich lasse mich in einen tiefen Korbsessel fallen, versuche zu verstehen was die anderen sagen, aber es gelingt mir nicht, und so grinse ich seelig vor mich hin und geniesse die Nacht und das besondere Ambiente hier in diesem Cafe, zu dem ich später noch etwas schreiben werde. Wie spät, bzw. früh wir in dieser Nacht ins Bett fallen, hundemüde aber zutiefst glücklich und zufrieden, weiss ich nicht mehr. Ich erinnere mich nur das mein letzter Gedanke war, wie gut ich es doch habe, ich kann ausschlafen und tun und lassen was ich will morgen, kein Stress, keine Termine, und das beste, wir sind gegen siebzehn Uhr zum Essen eingeladen, ein Überraschungsmenue, sicher etwas epirotisches. Ich liebe Überraschungen.

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Re: Meine Winterreise 2010/11 Teil 2

von Werner01 am 03.03.2011 14:29

Freitag 25.12.2010

Mein erster Weihnachtstag in Ellada. Wie lange habe ich darauf warten müssen, typisch griechische Weihnachtsbräuche kennen zu lernen. Einen von denen ich noch nirgends las lerne ich heute kennen. Es ist gerade mal neun Uhr als ein Erdbeben die Wand neben meinem Bett erzittern lässt. Dazu dieses Gebrüll. "Malakkaaaaaa" vernehm ich. Mein freundlicher Gastgeber scheint eben so erschrocken wie ich. Ich zieh mich schnell unter die Decke zurück, die falsche Entscheidung wie mir schnell klar wird. Die Wand am Kopfteil des Bettes wackelt nun wirklich bedenklich. Und dieses Geräusch die dieses Beben hervorbringt, ganz so als würde nebenan jemand vor die Wand klopfen. Jetzt auch wieder dieses Gebrüll "Malakkaaaaaaaa AUUFSTEHEEEEEEN". Ahhhh, doch kein Erdbeben. Ein epirotischer Weihnachtsbrauch anscheinend. Der Gastgeber persönlich weckt seinen Besuch freundlichst in dem er die Trennwand zwischen seinem und dem Gästeappartement einreisst. Respekt. Bin mächtig beeindruckt. Ein Blick auf die Uhr, 9.07!!!!!!
Unmenschlich. Und das zu Weihnachten...
Das gleiche Bild wie am Morgen des vergangenen Tages erwartet mich. Alle Bewohner und Besucher sitzen bereits draussen am Tisch, man plaudert und trinkt Kaffee. "Hat man dich geweckt?" fragt der Gastgeber, den ich ab sofort nur noch Feldwebel nenne. "Ja" murmel ich, kann aber nicht wirklich böse sein mit dem Feldwebel angesichts seines verschmitzten Lächelns. Ich setze mich zu den anderen Tisch, geniesse das wieder warme Wetter und den Umstand draussen sitzen zu können. Meine Gastgeberin Frau Feldwebel zeigt stolz die Ausbeute ihrer Zwerghühner und fragt mich ob ich ein Feta Omelett haben möchte, der Kaffee duftet herrlich, ein perfekter Morgen




Man plaudert wieder über alles erdenkliche, ich lasse meine Gedanken schweifen und betrachte eine Pflanze. Eine Pflanze die im Winter zu Weihnachten blüht, draussen auf der Terasse. Einfach schön.




Unweigerlich kommt mir dieser geniale Song von Charoulis in den Sinn in dem es auch um eine "Winterblüte" geht, eine andere zwar als diese, aber so ist es nun perfekt. Ein griechischer Song via mp3 im Winter beim Anblick einer Winterblüte an einem Wintertag in Griechenland. Einfach nur ein unfassbar schöner Moment. Unbezahlbar. Da nutzt auch wirklich keine Eurocard.

http://www.youtube.com/watch?v=GBkKNjDDs4g

Die Hausherren ziehen sich nun zurück zum Kochen, das Weihnachtsüberraschungsmenue zaubern, meine liebste hilft bei den Vorbereitungen, und ich tue das was ich am liebsten tue und am besten kann. Nichts tun um dann vom Nichts tun auszuruhn und einfach nur den Moment geniessen.....

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Re: Meine Winterreise 2010/11 Teil 2

von Werner01 am 04.03.2011 00:31

Freitag 25.12.2010

Mein erstes griechisch epirotisches Weihnachtsmenue beschäftigt meine Gedanken. Ich hörte und las viel von Jägern, die extra aus Italien kommen um hier das herrliche Schwarzwild zu jagen. Auch gestern Abend dieses wahnsinnig gute Kontosouvla, das muss ein klasse Schwein gewesen sein. Oder war es ein Kalb? Oder war der Spiess doch gemischt mit Schwein, Kalb, Lamm ? Ein wahnsinnig intensensiver Geruch nach gegrilltem, gebackenem Fleisch weht mir jedenfalls seit einiger Zeit um die Nase, zu dumm nur das ich nicht rein darf um zu gucken was Feldwebels bruzzeln. Aber hier draussen ist es wunderschön, abgesehen von dem tiefen Loch in meinem Bauch und der gefühlten elendig grossen Leere in meinem Magen. Richtig bewusst wird mir das immer in den Momenten, wenn Frau Feldwebel hnaus aus der Küche kommt und mir ein Wahnsinns Duft aus der Küche entgegen weht, während sie den Garten plündert. Etwas Petersilie pflückt sie hier, etwas Rigani zupft sie dort, etwas Wasiliko drüben, jungen Knoblauch gibts auch, und auch Frühlingszwiebeln. Das alles frisch. Aus der Erde. Der eigenen. Dem eigenen Garten. Und das im Winter. Man möge sich das vorstellen, wie enfach das Leben doch sein kann. Man geht hinaus und pflückt sich das was man braucht, anstatt in den Supermarkt zu fahren und es einzukaufen, einfach so. Klar, das muss auch alles mal gesäät werden, gewässert, gedüngt, gepflegt werden, bevor es geerntet werden kann. Und alles haben die ja auch nicht. Erst gestern waren wir beim Metzger und kauften 4,6 Kilo Ziege, es war ziemlich genau eine halbe, längs geteilt. Der Metzger zerlegte uns das Tier in Topfgerechte Stücke. Ok, es war ne kleine junge halbe Ziege, ein Zicklein. Und Wein, den kauften wir auch im Supermarkt, gestern Abend noch, am heiligen Abend, in der stillen Nacht, irgendwann zwischen Sightseeing in Parga und Abendessen auf der Plateia spät am Abend. Ich weiss zwar nicht was es gibt, aber es gibt Fleisch...Vielleicht die Ziege? Oder doch Fisch? Es riecht wie gesagt grandios wenn Frau Feldwebel hinaus kommt und Ztaten sammelt.
Zitronen brauchen wir sagt sie, und zeigt mir eine, die so ist wie ihrer Meinung nach Zitronen aussehen sollten. Zitronen aus ihrem Garten.



Immer wenn sie wieder hineingeht versuche ich einen Blick zu erhaschen auf das was da im Innern gezaubert und gegart wird, der Feldwebel schuftet da nun seit Stunden, aber so sehr ich mich auch mühe, ich sehe nie etwas, rieche nur. Auch meine liebste die hin und wieder hinaus kommt um ihrer Nikotinsucht zu fröhnen lächelt mich bei jeder Frage was denn da so gut riecht immer nur an und sagt..."Lass dich überraschen, ein Weihnachtsmahl"....

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Re: Meine Winterreise 2010/11 Teil 2

von Werner01 am 04.03.2011 18:33

Freitag 25.12.2010

Besser scheint es da wohl dem anderen Besucher zu ergehen. Während ich mich frage was es wohl leckeres gibt, lächelt er auch immer bedeutungsvoll, ganz so als wisse er es. Wir führen schon seit Tagen sehr gute Gespräche. Dieser Mann hat auch das geschafft, wovon viele nur träumen können. Ein ganzjähriges Leben in diesem wunderschönen Land. Besonders toll finde ich seinen geographischen Blickwinkel, er betrachtet Ellada ebenfalls aus dem Norden, jedoch aus dem Gebirge. Seine Kenntnisse der Landschaft, der Berge und der Seen im Norden sind phänomenal. Ebenfalls fasziniert mich, dass er in den wenigen Jahren die er da ist, auch einen sehr guten Einblick in die gesellschaftlichen und politischen Dinge des Landes bekommen hat. So führen wir dann auch an diesem Nachmittag wieder ein sehr gutes Gespräch, wir lachen viel und haben Zeit, da auch seine Frau kräftig bei den Vorbereitungen und beim kochen des Festmahls in der Küche hilft.

Die Welt ist manchmal recht klein, und irgendwo in diesem Bericht ging ich schon mal auf das Internet ein.
Segen oder Fluch? In diesem speziellen Fall einer Internetbekanntschaft möchte ich mal näher darauf eingehen, wie klein die Welt doch manchmal sein kann, und über wieviele Umwege man sich dann im World Wide Web doch über den Weg läuft, und so aus virtueller Realität dann Realität wird. Den hier angesprochenen Herrn nenne ich schon die ganze Zeit über anderen Besucher ohne seinen Namen zu nennen, so wie ich die Namen der Gastgeber und auch den meiner liebsten nicht nenne. Ich steh halt da immer noch auf der altmodischen Seite, dass man persönliche Dinge die einem zur Kenntnis gelangen nicht weiter geben muss, und das es jedem selber überlassen bleiben sollte, ob und welche persönlichen Daten er preisgibt. Den anderen Besucher lernte ich also im Internet kennen. Ich weiss aber heute nicht mehr genau wann und in welchem der zahlreich vorhandenden Internetforen es genau war. Er wohnte damals schon in Ellada, ich hier in Deutschland in einer ländlichen Gegend, mit einigen kleinen Dörfern in der Nähe einer Kleinstadt.
Wir hatten oft regen schriftlichen Kontakt seit wir uns im Netz kennen lernten und auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren, verabredeten wir uns irgendwann mal in Ellada zu treffen, da ich des öfteren im Norden bin und die Landschaft in der er wohnt seit eh mein Intresse geweckt hat. Leider kam es bis heute nie dazu das ich hin fuhr.
Irgendwann jedoch kam er nach Deutschland, und das zu einem Zeitpunkt an dem ein Treffen eines Forums stattfand, bei welchen man eh andere Leute persönlich kennen lernt, die man bereits aus dem Netz kennt. Also entschlossen wir uns dazu, uns halt da endlich mal persönlich kennen zu lernen. Im Vorfeld dieses Treffens ging es dann um Wegbeschreibungen, Ortskenntnisse in Düsseldorf. Das damalige Treffen fand in Düsseldorf statt, um allen Teilnehmern einen in etwa gleich langen An und Abreiseweg zu ermöglichen. Und da besagter "anderer Besucher" nun mal in Düsseldorf landete. musste er eigentlich auch hier in NRW wohnen. Beim Tausch der Daten und der Anreisebeschreibungen stellten wir dann folgendes fest.
Zeit unseres Lebens wohnten wir Luftlinie vielleicht 15 Kilometer auseinander, was hier in der ländlichen Gegend echt nicht viel ist, wenn man bedenkt, dass es im Grunde nur zwei Dörfer sind die wir auseinander wohnten. Damit nicht genug. Wir lernten den selben Beruf in der selben Firma, wir hatten die selben Kollegen. Wir gingen in die selben Kneipen, Restaurants hier im Ort, aber liefen uns nie über den Weg. Da muss man sich dann erst über Umwege im Netz treffen, und das bei einer Thematik die nichts mit unserem Wohnort oder Interessen hier am damaligen Wohnort zu tun hat. So klein ist die Welt. An dieser Stelle: Seid gegrüsst liebe "andere Besucher", es war sehr schön mit euch beiden und wir hatten eine Menge Spass zusammen.

Zurück zum epirotischen Weihnachtsfestmahl. Oder besser gesagt, der internationalen Co Produktion. So klein ist die Welt. Das wovor ich hier in Deutschland floh, es holte mich hier ein. Ein stattlicher Puter den der andere Besucher mitbrachte, als Beilage Rotkohl und Knödel und Klösse, die irgendeine "Germanida" einschmuggelte hier, dazu eine Sauce mit Wein und Röstzwiebeln, zubereitet vom Feldwebel, einem excellenten Koch, mit Unterstützung dreier fantastischer Küchengehilfinnen.
Es war wirklich köstlich.



Sei noch erwähnt, es gab dann doch noch etwas mehr. Der griechische Part des Festessens fehlte natürlich auch nicht.
Dieser fand sich dann in Form diverser sehr frischer Salate, Beilagen und wahnsinnig leckerer Ofenkartoffeln wieder, und wenn ich mich recht erinnere, gabs auch den ein oder anderen Ouzo, Tzipouro und griechischen Wein. So sassen wir also an einer festlichen Tafel und liessen es uns gut gehen. Nach dem Essen musste ich dann unbedingt erst mal einen kleinen Spaziergang machen. Zur besseren Verdauung einerseits, andererseits wollte ich aber auch niemandem im Wege stehen. Schliesslich musste ja auch noch aufgeräumt und gespült werden, und dabei hätte ich dann sicherlich mehr gestört als genutzt. Den restlichen Abend verbrachten wir dann alle noch gemeinsam, einige bowlten auf der hauseigenen Bowlingbahn, andere golften auf dem hauseigenen Parcour, und ich glaube es stiegen auch welche in den Boxring. Es war ein wahnsinnig schönes Weihnachtsfest. Es war tatsächlich ein Fest der Freude, eine friedliche und ruhige Zeit die auch Möglichkeiten bot, Emotionen aufzusaugen und sich lebendig zu fühlen. An dieser Stelle also nochmals vielen Dank an alle die dabei waren, und allen die es mir ermöglichten, dieses Weihnachtsfest genau so begehn zu können, ein Weihnachten das ich definitif als eines der schönsten das ich je hatte, in Erinnerung behalten werde.

Am späten Abend hiess es dann auch schon Abschied nehmen. Die "anderen Besucher" wollten am nächsten Tag in aller Frühe heim, und auch mir wurde in diesem Moment klar, dass es auch für uns morgen oder übermorgen weiter geht, weiter in den Norden, auf die Chalkidiki und nach Thessaloniki. Entsprechend "wehmütig" fällt der Abschied in dieser Nacht. Alles, auch das schönste Fest, endet einmal. Aber ich tröste mich mit den Gedanken, das jedes Ende auch irgendwie ein neuer Anfang ist. Und wir haben ja das Internet, stehen in Kontakt, und hier zu den "Feldwebels" werden wir auf dem Rückweg noch mal zurückkehren. In dieser Nacht schlafen wir in "himmlischer Ruh", und auch am Morgen werde ich endlich mal nicht geweckt. Zeit um Kraft zu tanken, das erlebte auf sich wirken zu lassen, zu verarbeiten. Zeit für sich selber nehmen. Zeit zum nichts tun. Spazieren, schlafen, faulenzen, so verbringen wir diesen Tag noch. Einfach nur schön.

LG Werner01©

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Re: Meine Winterreise 2010/11 Teil 2

von Werner01 am 04.04.2011 18:48

Da sieht man mal, wie unwichtig doch eigentlich Zeit und deren Einheiten und Benennungen ist. Ich schreibe und schreibe und stelle erst jetzt fest, dass ich mich mit den dazugehörigen Wochentagen und den Daten vertan habe.
Wayne intressiert es ? Also für den jenigen dem es wichtig ist, die Daten stimmen soweit, nur mit den Namen der Tage kam ich etwas durcheinander.

Montag, 27.12.2010

Heute geht es weiter. Einmal quer durchs Land, vom Epirus nach Makedonien, Thessaloniki und auf die Halkidiki über die Egnatia. Also früh raus aus den Federn, ein zwei Kaffees in Ruhe trinken, und am allerwichtigsten, dem Feldwebel zum Namenstag gratulieren. So sitzen wir vorerst ein letztes mal draussen gemeinsam auf der Terasse, reden, lachen aber nehmen auch Abschied von unseren Gastgebern. Irgendwie sind wir alle etwas traurig, vor allem der Feldwebel macht einen total traurigen Gesichtsausdruck." Re Ma......, wen soll ich jetzt morgens aus dem Bett werfen wenn ihr weg seid"
scheint er zu denken. Auch das Wetter passt heute zu trüben Gedanken. Es ist frisch, sehr grau, stellenweise ist der Himmel grauschwarz und es regnet.

Also fahren wir dann irgendwann, die Egnatia ist schnell erreicht. Zum Glück ist dieses architektonische Wunderwerk moderner Strassenbaukunst endlich fertig, sonst wäre es jetzt gegen halb eins mittags schon viel zu spät um Thessaloniki noch bei Tageslicht zu erreichen. Knapp 3-3,5 Stunden braucht man nun für diese Strecke, früher konnte es durchaus passieren, dass man allein von Ioannina bis Metsovo hoch 4 Stunden lang Diesel und Ruß geschwängerte Abgase der im Schneckentempo hochkriechende LKW einatmete, ohne Aussicht auch nur irgendwie eine sichere und ausreichend lange Möglichkeit zum überholen zu finden. Viel zu schmal und kurvig war diese Strecke, so dass ich damals oft bewusst mit der Fähre bis Patras fuhr und von dort über Ithea, Amfissa, Lamia nach Thessaloniki fuhr. Die Zeit auf dem Schiff und die längere Fahrstrecke erschienen mir immer günstiger als den Katara Pass zu bezwingen, was aber hin und wieder auch sehr schön war. Von dort oben bei klarem Wetter den Blick über die thessalische Ebene schweifen zu lassen und in der Ferne die "Nadeln" aufragen zu sehen auf denen die Meteora Klöster stehen, war eigentlich genau so die Mühe wert wie ein Besuch in Metsovo oder auch ein Stopp in Kastania, wo es aus meiner Erinnerung heraus die besten Souvlakias gab die ich je gegessen habe. Aber gut, diese Strasse existiert ja noch, und wenn mir der Sinn danach steht werde ich sie sicherlich noch mal fahren. Einfach so aus Spass am fahren und in Erinnerung zu schwelgen. Aber heute, besonders jetzt im Winter bin ich schon froh, die Egnatia zu haben. Also sind wir ruck zuck in Ioannina, passieren einen beiderseits längs der Autobahn aufgeschütteten Erd-Kiesdamm, den man an einer Stelle der Autobahn aufgeschüttet hat, weil die Felder zur linken und rechten total überschwemmt sind . Kurz danach kommt schon die erste immer noch nicht besetzte Zahlstelle, dann einmal kurz um Ioannina rum, schon gehts rauf Richtung Metsovon, und schon erlebe ich einen der Starkregen Schauer die mich noch bis Kastoria begleiten werden. Zum Glück besteht die Strecke hier zu zumindest gefühlten 80% aus sich endlos aneinanderreihenden Tunnels, und so passieren wir Metsovon und fahren hier quasi
aus den sehr tief hängenden Regenwolken hinaus, passieren Grevena, zahlen jedoch hier zum ersten mal 2.80 Euro.
Falls es von Intresse ist, 7.60 Euro hätte ich hier fürs Wohnmobil gezahlt. Richtung Kastoria wirds wieder nebliger, diesiger, und die Abfahrt hinunter schüttet es wieder dermassen stark dass man fast schon glaubt die sich nun wieder endlos aneinander reihenden Tunnels hätte man ausschliesslich zum Schutz vor Regen gebaut. Hinter Kastoria wirds dann erst heller, ein zwei Kilometer später nur erkenne ich die Sonne, und nochmal zwei Kilometer später habe ich das Gefühl ich müsse mein Fenster öffnen, so stark und intensiv empfinde ich das einfallende Licht der Wintersonne. Auch die Vegetation um uns herum sieht alles andere als winterlich aus. Die Felder sind grün, was da genau jetzt wächst im Winter weiss ich jedoch nicht. Auch sind hier viele Menschen und Traktoren auf den Feldern, die Laubbäume zu meiner rechten tragen immer noch zwar gräulich bräunlich, aber volles Laub. Es könnte also auch durchaus später September sein. Die Temperatur sagt jedoch etwas anderes, und so schliesse ich das geöffnete Fenster wieder bis zur nächsten Zahlstelle ca. 25-30 KM vor Thessaloniki. Erneut werden 2.80 fällig für den PKW. Amüsiert beobachte ich jedoch die Preistafel. Fürs Womo hätt ich jetzt warum auch immer 7,90 Euro statt 7,60 gezahlt. Ob da jemand die Zahlen beim Aufkleben auf die Preistafel verdreht hat? Auch nimmt der Verkehr hier stark zu, und so konzentrier ich mich jetzt zwangsläufig mehr auf die Strasse statt auf die Landschaft. Beim befahren der proppenvollen Ring Road jedoch zwängen sich wieder Gedanken und Empfindungen auf. Hier oben auf Höhe der Abfahrt Toumba hat man einen grandiosen Blick über Thessaloniki, und ich stelle mir vor, um welche Uhrzeit ich wohl im Sommer hier fahren müsste, um dieses intensive Rot-Orange des Lichtes zu sehen, in das die Stadt und das Meer nun zu meiner rechten liegt. Es ist unbeschreiblich, und leider ist hier parken unmöglich, so dass ich leider keine Bilder machen kann. Meine Gedanken schweifen aber nun wieder ab und weichen der Freude die ich empfinde, endlich wieder hier zu sein, auch wenn ich gar nicht so lange weg war. Und so begehen wir die Ankunft auch wie immer. Fast schon Ritual ist es erst mal einzukaufen zu gehen in einem speziellen Supermarkt, dessen Vielfalt und Moderne mich immer wieder aufs neue überrascht. Das schöne im Sommer jedoch ist die Klimaanlage. Man tritt aus der sengenden Sonne und enormen, fast schon unerträglich hohen Temperaturen hinein in einen Kühlschrank. Jetzt im Winter wird sie wohl aus sein. Ich trau meinem eigenen Gefühl nicht mehr so ganz. Beim Verlassen des Autos möchte ich unweigerlich sofort eine Jacke anziehen, versuche mir aber einzureden dass es nur daran liegt, dass die Menschen um mich herum die ihre Autos verlassen oder ihre Einkäufe zum Auto bringen eingehüllt sind in Kleidung die vermuten lässt, wir wären hier am Nordpol statt in Ellada. Immerhin sind es 13 Grad. 13!!!! sagte mein Thermometer grade, oder ? Ich schau noch mal nach, und stelle fest, es sind nur 3 !!!
Die Sonne eben täuschte wohl darüber hinweg und ich las zehn Grad mehr. Egal. Also Jacke an und hinein ins Einkaufscenter. Auch jetzt ist die Klimaanlage an. JA. Aber jetzt benutzt man sie wohl zum heizen. Echt angenehm aus der Kälte draussen die warmen Räume zu betreten. Wieder mal hat mich dieser Laden überzeugt. Wir irren durch den Laden, mehr aus Ratlosigkeit darüber was wir nun eigentlich wirklich kaufen wollten statt etwas spezielles zu suchen, und so beschliessen wir, dass wir nicht wirklich kalte Getränke brauchen und auch kein Grillfleisch, und entschliessen uns zum Kauf zweier Dosen Bohnen, je eine weisse und grüne Sorte in Tomatensauce, Keftedakia in Tomatensauce vom Metzger, ein Brot und eine Flasche Wein. Wir werden den Abend dann zu Hause verbringen, vorm TV, mit Essen aus der Dose, aber mal wieder deutschem TV. Hatten wir auch schon tagelang nicht mehr. Obs nur an der Qualität der gekauften Bohnen lag oder meinem Appetitt vermag ich später nicht mehr zu sagen, aber sie waren echt köstlich. Die Keftedakia sowieso. Auch beim Wein trafen wir eine exzellente Wahl. Nur beim Fernsehen machten wir einen Fehler, wie uns später schnell klar wird. Während hier in Griechenland alles wirklich einen relativ zufriedenen Eindruck macht, sieht man in den deutschen Nachrichten wieder nur ein vorherrschendes Thema. Die "Krise" in Griechenland und die Auswirkungen für den deutschen Steuerzahler. Das hätten wir uns sparen können, und wir sind froh noch 17 griechische Fernsehkanäle zu haben. Die sollten lieber mal über andere Dinge berichten die deutschen Medien, vielleicht darüber, dass es hier im Winter in Thessaloniki wirklich so kalt ist wie man mir oft erzählt hat, und das es durchaus Wohnungen gibt die keine Heizung haben, aber dennoch bewohnt sind. Auch im Winter. Aber die Menschen hier trotzdem ihr Leben meistern.

LG Werner01©

Antworten Zuletzt bearbeitet am 06.04.2011 00:02.

Ratschkatl
Gelöschter Benutzer

Re: Meine Winterreise 2010/11 Teil 2

von Ratschkatl am 05.04.2011 15:47

Dankeeee... will mehr lesen :-)

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Claire

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Beiträge: 1622

Re: Meine Winterreise 2010/11 Teil 2

von Claire am 05.04.2011 19:25

Hi Ratschkati

Der Herr Werner fährt bald schon wieder nach Griechenland, hab ich gehört ;-) und hat die Erlebnisse seiner Winterreise noch nicht vollständig hier eingestellt... tststs :O

LG Claire
heureka - ich hab`s (vergessen)

Antworten Zuletzt bearbeitet am 05.04.2011 19:29.

Werner01

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Labertasche

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Re: Meine Winterreise 2010/11 Teil 2

von Werner01 am 05.04.2011 20:31

Dienstag, 28.12.2010

Ausserhalb der wärmenden Decke ist es gelinde gesagt "A.... kalt" stell ich nach dem aufwachen fest. Aber ich habe absolut keine Lust mehr die kostbare Zeit hier im Bett zu verbringen, und acht Stunden Schlaf sollten auch für einen älteren Herrn reichen meint meine liebste, die bereits zeitungslesend in der Küche sitzt und Kaffee gekocht hat. Üblicherweise ist mein erster Weg hier morgens gegenüber zum Bäcker, Bougatza holen, und dieses Ritual halte ich natürlich bei, jedoch nicht ohne vorher mal auf den Balkon zu treten und die Temperatur zu erfühlen. Eine gute Idee wie sich herausstellt, denn trotz des Sonnenscheins, dessen Anblick sich bei der vertrauten Aussicht Meerwärts über die Feigen und Mimosen bietet, ist es nun mal wirklich Winter, auch hier. Also Jacke an. Draussen ein paar Meter weiter auf dem Parkplatz traue ich meinen Augen nicht. Die Autos die noch nicht vom Sonnenlicht erfasst wurden haben EIS auf den Scheiben. Nach einem klasse Frühstück und der Morgentoillette ziehen wir los. CD´s kaufen ist angesagt. Ich habe einem befreundeten Radiomoderator in Deutschland versprochen, zu versuchen ihm hier eine CD zu besorgen, die er bisher nirgends bekam.
Vielleicht habe ich ja Glück. Also auf in dafür prädistinierte Läden. Saturn und Media Markt gibt es hier mittlerweile ebenso wie Mega Stores, Outlet Center, Nobel Shopping Center für jegwelchen Geschmack, vorrausgesetzt man gehört zu den Betuchten, die gerne 300 Euro für ein paar Schuhe auslegen oder 14000!!!! Vierzehntausend Euro !!!!! für einen Couchtisch, den ich grade eben sah. Alles keine Läden für mich, aber schön sie mal gesehen zu haben. Da dieses Läden auch alle rappelvoll sind stell ich mir mal wieder die Frage, wo genau findet diese "Krise" statt ? Sicherlich nicht hier in dieser Gegend und in diesen Läden. In diesem Zusammenhang fällt mir eine Unterhaltung ein, letzten Sommer wars, da erzählte mir eine Mitarbeiterin aus einem dieser Nobel Läden für Designerjeans, das mittlerweile sogar die Leute aus Athen hierhin zum Einkaufen kämen, weil es hier den neuesten "Chic" gäbe. Echt Nobel. Aber uns zieht es jetzt erstmal
in die "normalen" Kaufhäuser. Saturn und Media Markt. Wer mal in einem drin war kennt sie alle scheinen sich die Betreiber zu denken. Exakt gleiche Raumaufteilung, gleiche Regaleinteilung, gleiche Produkte wie bei uns. Bis auf die CD und DVD´s. Herz was willst du meeeeehhhhhr ?? Gute 20 Meter Regal Greek Musik. Aber die gesuchte Cd ist nicht dabei, weder beim Saturn noch im Media Markt, aber in beiden Märkten bekomme ich von den Verkäufern eine Adresse, die den selben Laden in der Innenstadt empfiehlt. Vielleicht werde ich da das Glück haben sie zu bekommen, andererseits könne man da aber auch seltene Exemplare bestellen. Das nenne ich doch mal Service denke ich mir, man schickt dich zur Konkurrenz und sogar ganz ohne Hintergedanken oder persönlichem Vorteil, denn beide Verkäufer erwähnten wirklich nicht das ich mich an "Andreas" wenden solle und ihn schön von "Antzela aus dem Saturn" bzw. "Spyros vom Media Markt" grüssen solle. Also ab in den nächsten Bus, Auto steht gut und umsonst hier auf dem Parkplatz. Hier spüre ich dann zum ersten mal die Auswirkungen der "Krise", zahlte ich früher 60Cent für die Fahrt in die Stadt sinds nun 80 Cent, weitere Preiserhöhungen seien geplant, klagt die Frau neben mir. Alles würde ständig teurer, teurer, teurer. Als ich ihr umständlich erklärt habe dass ich 80 Cent für gut und gerne 20 Kilometer und vierzig Minuten Fahrzeit nicht sooo teuer finde weil ich in Deutschland dafür locker mind 4,20 Euro zahlen müsste, lacht sie verlegen.
Sch.... Tourie Kapitalist hat sie vielleicht gedacht. Ich weiss es aber nicht genau, vielleicht dachte sie auch nur, ich wolle sie auf den Arm nehmen. In der Stadt angekommen wollen wir am Aristotelous aussteigen, wir wollen, aber das ist gar nicht so einfach. Menschenmassen stehen , bewegen sich hier dicht gedrängt über den Gehweg. Eine Prozession? Eine Demonstration? So ähnlich wie mir später klar wird, es scheint eine "Anti Krise Demo" zu sein, alle Einwohner Thessalonikis scheinen jetzt hier unterwegs zu sein um an einer "Prozession" von Geschäft zu Geschäft teilzunehmen, mit der Auflage, aus jedem der Läden mit noch grösseren und volleren Tüten hinaus zu kommen. "Krise"...tztztz...hier lässt man es sich nicht anmerken. Die wenigen freien Bereiche die man von weitem sieht und denkt, dass man dann da auf dem Gehweg gehen könnte, sind nicht wirklich frei. Nein, vielmehr sind es "Stellflächen" der Strassenhändler, die "ORIGINAL" Verarsche Taschen, Gutschi Brillen und Rolaks Uhren neben Et Harvey Designer Shirts und den Addidas mit den zwei Streifen Schuhen anbieten. Kein Wunder das da niemand gegen vorgeht, diese Imitate sind so schlecht, die gehen nicht mal als versuchte Produktpiraterie durch. Hier auf der Ermou wirds mir dann aber doch zu voll, und ich bin heilfroh nach der ersten "gemeinschaftlichen Massenüberquerung der Fahrbahn bei Rot" (Grosses Hobbie der Fussgänger in Thessaloniki, einfach mitmachen, mit dem Strom bewegen, nie auf die Ampel gucken und hupende, schimpfende Autofahrer mit Missachtung strafen) ein Handy zu haben und mal nachzuforschen, ob meine liebste noch im Bus sitzt oder in welche Richtung sie der Strom der Menschen mitriss. Ich solle mir keine Sorgen machen sagt sie, schliesslich verfüge sie über genug Ortskenntnisse, ich möge mir schon mal den CD Laden angucken, sie hätte grad nen tollen Schuhladen gefunden und wir würden uns dann später bei Tottis zum Frappee treffen. Schuhe? Tottis? Wird ein teurer Ausflug heute. Also ab in den CD Laden. Laden ist nicht ganz der richtige Begriff, Kaufhaus trifft es eher stelle ich jetzt hier im inneren fest. Andächtig stehe ich dort, so ähnlich muss sich ein überzeugter Katholik fühlen, der zum ersten mal den Petersdom in Rom betritt und in Ehrfurcht erstarrt. Wie oft war ich schon in dieser Stadt, und warum war ich noch nie hier ??? Cd und DVD soweit das Auge reicht. Ich entdecke Cover die ich noch nie sah, mit Namen versehen die ich noch nie las, und wühle und wühle durch die Auslagen. Selbst von Mitropanos fand ich zwei, zwei CD´s die ICH nicht habe, dabei dachte ich ich hätte ALLE. Ähnlich geht es mir bei anderen Künstlern. Und so wühle und wühle ich weiter, wühle mich in einen wahren Rausch und vergesse fast das wichtigste. Schliesslich gibt es einen Grund warum ich hier bin.
Konitopoulos oder wie der "Nissiot ?" hiess, zum Glück habe ich mir Interpret und Titel aufgeschrieben. Doch so sehr ich auch suche, ich finde nichts hier in dieser Halle. In dieser "Halle" auch bestimmt nicht erklärt mir der Verkäufer, der es bedauert das Andreas heute frei hat und auch weder Spyro noch Antzela kennt, also kann ich mir das Grüssen sparen.
Er führt mich in einen von mir bis dahin nicht entdeckten Nebenraum. Erst denke ich, es sei so eine Art Ü18 Abteil, so versteckt wie dieser Raum liegt, aber nein, es ist die Nissiotika und Dimotika Abteilung. Wusste doch immer das man die Allgemeinheit vor gewissen Musikrichtungen schützen muss. WOW. Konitopolos find ich auch, aber zu meinem Entsetzen nur fünf andere, dennoch verschiedene CD´s, aber nicht das gesuchte Objekt. Der Verkäufer der mich in diesen Raum führte scheint mir meine Enttäuschung anzusehen, und nach kurzer Erklärung macht er sich auf in den Keller, und kommt mit drei Exemplaren des gesuchten Albums zurück, stellt zwei ins Regal und gibt mir grinsend eine. "Wird selten verlangt" sagt er mit einem schelmischen Grinsen, "aber die ebenfalls enthaltene DVD ist echt gut" und zwinkert mir zu. (Erst vorige Woche habe ich vom Giannis erfahren warum der Verkäufer so schelmisch grinste). 300 Euro ärmer, aber
um 16 CD´s reicher verlasse ich beseelt den Laden. Endlich konnte ich mal was tun für den Menschen, der mir wie kein anderer so viel über griechische Musik bei brachte.

LG Werner01©

Antworten Zuletzt bearbeitet am 06.04.2011 00:21.
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